Philosophie & Geschichte

Der Münchner Ratskeller und seine Geschichte
Im 19. Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl der Landeshauptstadt durch Eingemeindung dramatisch. Lebten 1801 noch 40.000 Menschen in München, so waren es 1861 schon 130.000. Das alte Rathaus am Petersbergl im Tal wurde zu klein – der Bau eines neuen wurde von den Stadtvätern ins Auge gefasst. Der Entwurf eines Gebäudes im gotischen Baustil von Georg von Hauberisser fand zahlreiche Anhänger im Münchner Magistrat. Am 25. August 1867 wurde der Grundstein gelegt, allerdings verzögerten sich die Baumaßnahmen durch etliche Umplanungen, zu denen auch der Beschluss gehörte, in den Kellerräumen eine Gaststätte zu berücksichtigen.

Im Sommer 1874 war das neue Gebäude bezugsfertig. Erst 1909 konnte der Bau endgültig abgeschlossen werden. Die Kosten beliefen sich bis dahin auf 15,7 Millionen Mark, davon 6.2 Millionen für den Grunderwerb.

Mit der Stadtverwaltung in den überirdischen Räumlichkeiten zog auch das erste Ratskeller-Wirtehepaar Ernst und Franziska Steidl in die Gewölbe des neuen Rathauses ein. Am 1. August 1874 eröffnete das Ehepaar gemeinsam mit seinen Gästen offiziell die Gaststätte.

Die sechs Kreuzgewölbe des Bierkellers erzählten in achtundvierzig Darstellungen die Geschichte des Biertrinkens, die "Ältere und Neuere Münchner Geschichte" sowie den "Bockrausch". Der Kunstmaler Ferdinand Wagner hatte bei der Gestaltung der Darstellungen viel Humor bewiesen. Auch bei den Gemälden der neun Gewölbe des Weinkellers zeigte Ferdinand Wagner tiefgründigen Witz.

Georg von Hauberisser entwarf auch die Einrichtung des Ratskellers dem romantischen Zeitgeist entsprechend im Stile der Gotik des XVI. Jahrhunderts. Die Münchner waren begeistert von Ausstattung, Weinen, Bier und Speisen der Gaststätte. Die Preise von damals klingen heute fast ein wenig märchenhaft: Auf Mark und Pfennig umgerechnet (da bis zum 1. Januar 1876 in Bayern noch der Gulden galt) kosteten Suppen zwischen 11 und 17 Pfennig, der Kalbsbraten 43 Pfennig und ein Huhn 2 Mark 6 Pfennig.

Die Maß Sommerbier (teurer als das leichtere Winterbier) kostete damals 26 Pfennig. Schoppenweine gab es für 17, 23 und 29 Pfennig – eine Flasche Deidesheimer Auslese kostete 1 Mark 40 Pfennig, eine Flasche Bordeaux St. Emilion 3 Mark 40 Pfennig. Ausgeschenkt wurde unter anderem "Regiewein" aus der stadteigenen Kellerei, einem so genannten "Regiebetrieb".

Für den Ankauf der Weine gab es eine eigene Ratskommission; die Weine mussten "naturecht" sein, also "aus dem vergorenen Saft der Weintrauben", und durften "keinerlei Zusätze an Zucker oder Zuckerwasser enthalten"!

Obwohl das Weinhändlerehepaar Ernst und Franziska Steidl einen Reingewinn von 60.000 Mark erzielten, mussten sie nach drei Jahren aufgeben. Die Gründe sind nicht bekannt.
1905 verdoppelte der Ratskeller seine Fläche auf knapp 2000 qm durch den Erweiterungsbau zu Weinstraße hin. Den bestehenden Gewölben schlossen sich "Arche Noah", "Elysium", "Sumpf", "Im Suff", "Fasinacht" und "Alt München" an.

"Arche Noah" und "Elysium" gestaltete der Münchner Kunstmaler Heinrich Schlitt. Den "Sumpf" malte Josef Rösl aus; die gotischen Vorbildern nachempfundenen Plastiken stammen von dem Bildhauer Simon Horn. In allen Darstellungen waren und sind der Bezug zum Trinken in Wort und Bild keine Grenzen gesetzt. Gleiches gilt für den neuen Treppenabgang vom Rathaus-Prunkhof her, mit dem Münchner Kindl über dem Portal und einem Fresko von Karl Schultheiß.

Der Ratskeller war als Ort bürgerlicher Gastlichkeit etabliert – damals „in weiches Licht getaucht“ durch 250 Tantal-Glühlampen der Firma Siemens-Schuckert. Anfang 1919 musste der Ratskeller tageweise geschlossen werden, da es Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Regieweinen gab, zu deren Ausschank die Wirte verpflichtet waren. war Das gutbürgerliche Angebot war längst einer "Kriegs-Speisekarte" gewichen, auf der wenig anregende Kombinationen "fett- oder markenfreier" Gerichte zu finden waren, interessanterweise aber unter den markenfreien auch "Zicklein", das heute als "Kitz" zu den seltenen Delikatessen zählt.

Ab 1942 führte die kriegsbedingte Verknappung der Regieweinbestände zu starken Beschränkungen des Gastronomiebetriebs.
1943 wurden der "Sumpf" und "Alt München" zu provisorischen Luftschutzkellern umfunktioniert. Die Bombenschäden am Neuen Rathaus zogen auch den Ratskeller stark in Mitleidenschaft, wenn auch die Bausubstanz selbst weitgehend unbeschädigt blieb.
Im Frühjahr 1945 schloss er endgültig seine Tore.
Am 12. November 1946 öffnete er diese wieder nach notdürftiger Instandsetzung.

Alfons und Betty Schmutzer übernahmen am 1. Oktober 1949 den Münchner Ratskeller.
23 Jahre dauerte ihre Pacht, die in die Zeit des Wirtschaftwunders und der "Fresswelle" fiel. Sie stellten den guten Ruf und die Attraktivität dieses Gasthauses unter dem Rathaus wieder her.
Doch der Zahn der Zeit nagte an der Bausubstanz und der Einrichtung des Ratskellers.
Ende September 1972 musste die Gaststätte wegen Generalsanierung erneut geschlossen werden.
Die Kosten für die Renovierung trug die Stadt; die für die Kücheneinrichtung übernahm der Pächter, der zum eigentlichen Ratskeller auch die 1956 eingerichtete Schoppenstube erhielt.

Dieser Pächter hieß Christian Wieser. Der erfahrene Wirt eröffnete am 26. Juni 1975 gemeinsam mit seiner Frau Maria den Ratskeller wieder.
1986 nahm er seinen Sohn Peter Wieser und den Schwiegersohn Toni Winklhofer als Mitgesellschafter in eine GmbH auf. Seit dem Ableben von Christian Wieser 1996 führen die beiden mit ihren Frauen Margot Wieser und Christine Winklhofer heute den Ratskeller.

Dass in einem so weitläufigen und komplexen Lokal eigentlich dauernd irgendwelche baulichen Maßnahmen oder Umgestaltungen anstehen, ist nachvollziehbar:

1984 wurden in einer umfangreichen Baumaßnahme die Schoppenstube renoviert und zugleich die Räume der inzwischen aufgelösten städtischen Regieweinkellerei in den Ratskeller mit einbezogen. Es entstanden ein Bankettsaal, die „Alte Küferei“ (deren Namen an den Weinkeller erinnert), und das „Moriskengewölbe“.
1990 wurde die Küche generalsaniert, 1994 aus der Schoppenstube die „Fränkische Weinprobierstube“, 1996 wurde eine Neugestaltung des Interieurs nach historischen Vorlagen vorgenommen, 1998 die „Alte Küferei“ umgebaut, 1999 das „Die Landung Noahs auf dem Berge Ararat“ darstellende, im Krieg zerstörte Deckenfresko in der „Arche Noah“ wiederhergestellt.

Für das gastronomische Angebot ist die Verbindung mit dem fränkischen Wein des Juliusspitals Würzburg besonders wichtig. Befreit von der Verpflichtung, städtische Regieweine zu verkaufen, hat sich der Münchner Ratskeller damit doch dem bayerischen Wein weiterhin verpflichtet.

Ausstattungen

Kostenloses WLAN
Klimaanlage
Lift3
ehindertengerecht
Nichtraucher
Kreditkartenzahlung - American Express, Visa, EC, Mastercard